Die Historie

Ein Zeitungsartikel von 1906

Das Brüggehaus in Hamburg, Raboisen Nr. 5
Architekt: Franz Bach, Hamburg

In den Raboisen, unmittelbar am Glockengießerwall, wurde ein großes Geschäftshaus, genannt „Brüggehaus“, vom Architekten Franz Bach erbaut.

Durch das große Portal gelangt man in die 6,30 m breite, als Diele ausgebaute Eintrittshalle. Eine breite Marmortreppe mit abgerundeten Stufen bildet den Zugang zu dem Treppenhause, daneben sind zwei nach dem Keller führende Treppenläufe angeordnet. Das Treppen- und Brüstungsgeländer wurde von rot poliertem Mahagoniholz mit gedrehten Traillen in modernen Formen ausgeführt. Die Wände der Diele wurden mit einem dunkel- und hellblauen Mettlacher Plattenmuster bekleidet, darüber zieht sich ein hoher Fries entlang mit Städtebildern von Amsterdam, Haarlem, Chad und Bruges, von gelben Fruchtranken umgeben.

Durch die Darstellung dieser Hafenorte wird gleichsam dem Gebäude der Stempel eines Exporthauses aufgedrückt. Eine in Holzkonstruktion ausgeführte Kassettendecke mit reich gegliederten Friesen und verzierten Sternen in den Füllungen, die Friese in dunkelbraunem Farbenton, die Füllungen hellgelb gehalten, verleihen der mit tulpenartigen Beleuchtungskörpern geschmückten Decke einen vornehmen Eindruck. Linker und rechter Hand führen große Eingänge in die mit Säulenstellung versehenen Kontore, welche, ungeteilt, nach Bedarf der Mieter durch leichte Wände zu jeder gewünschten Raumgröße abgeteilt werden können. Vor dem Treppenaufgange wurden zu beiden Seiten Fahrstühle eingebaut. Der für zwei Personen eingerichtete Paternosteraufzug, sowie ein ihm gegenüberliegender Lift mit Druckknopfsteuerung zur Benutzung der Chefs stellt die Verbindung mit den Obergeschossen her. Ebenso eine 1,60 m breite dreiarmige Treppe von weißem Marmor. Das Treppengeländer wurde wie bei der Diele von rot poliertem Mahagoniholz mit gedrehten Traillen und Zwischenpfosten in holländischer Renaissance hergestellt. Das Treppenhaus erhellt ein großes in der Mittelachse liegendes und zwei seitliche kleinere Fenster. Diese sind in Bleiverglasung ausgeführt und durch Schiffstypen und Fischergestalten der Wasserkante farbig belebt. Sämtliche Wände des Treppenhauses wurden mit weißen glasierten ornamentierten Mettlacher Platten bekleidet. Der Fußboden in den Kontoren, sowie Korridoren ist mit rotem Linoleum belegt. Für das Treppenhaus und die Kontorräume ist elektrische Beleuchtung angeordnet, die in den Abendstunden einem Meer von Licht gleicht, während durch die großen Fensteröffnungen zur Tageszeit die Räume mit Sonnenlicht strahlend erhellt werden. Toiletten für Männer und Frauen wurden in großer Anzahl dem Komfort der Neuzeit entsprechend hergestellt.

Das Hochparterre, sowie die erste, zweite und dritte Etage ist in gleicher Raumteilung mit Rücksicht auf Wünsche der Mieter zu verschiedenen Raumgrößen durch Gipsdielenwände abgeteilt worden. Die Türen sind sämtlich von rot poliertem Mahagoniholz mit Messingbeschlägen und Glasoberlichten aus geripptem grünem Glase mit Holzsprossenteilung in modernen Formen ausgeführt. Sämtliche Deckenkonstruktionen sind nach System Koenen zwischen eisernen Trägern in Stampfbeton schalldicht hergestellt worden. In den Korridoren kamen Paneele von Lyncruster in stahlblauer Färbung mit Blumenmustern zur Verwendung, die bei ihrer unverwüstlichen Haltbarkeit einen eleganten Eindruck machen. Gleichmäßig Voutendecken wurden in den gesamten Geschossen angeordnet, Decken und Wände oberhalb der Paneele sind in einem elfenbeinfarbigen Tone gehalten, wodurch die Kontore sehr vorteilhaft in der Beleuchtung gehoben werden. Die Fenstersohlbänke sind aus schwarzem, poliertem Marmor, darunter fanden die Heizkörper der Niederdruckdampfheizung Aufstellung. Sämtliche Fenster sind in Eisenkonstruktion von großen Dimensionen angefertigt, zur Ventilation mit Oberlichtkippflügel und Stellstangen versehen. Die Fenster erhielten außen einen kräftigen blauen Farbenton, im Innern weißen Ölfarbenanstrich. Jedes Geschoß enthält ca. 500 qm Nutzfläche, doch können auf Antrag der Mieter auch zwei Geschosse vereint werden, so daß nach Bedarf einem Mieter 1000 qm Nutzfläche zur Verfügung steht. Die Stockwerkshöhen betragen von Fußboden zur Fußboden gemessen 3,60 m bis 3,80 m. In den Dachböden sind Aktenräume mit geputzten Wänden den Kontoren in entsprechenden Größen zugeteilt. Aufnahmegelegenheit für Waren ist gleichfalls vorhanden, solche können durch den elektrischen Aufzug in jedes Stockwerk befördert werden.

Die Fassade hat hohen gestockten Granitsockel von rotem Granit, die Mittelpartie ein reiches Portal aus rotem Mainzer Sandstein mit zweiflügliger Pendeltür und zwei feststehenden Seitenteilen in nußbraunem Farbenton gehalten. Der breite Kämpfer wurde mit einer Kartusche verziert, das Oberlicht mit Sprossenteilung versehen. Ein großer Korbbogen beschließt die große Öffnung und ist mit reicher Gliederung und Blumengirlanden umrahmt. Darüber erhebt sich der in Wölbsteinen hergestellte Bogen, welcher zu beiden Seiten durch Medaillons mit Köpfen und Blumengewinden flankiert und von einem breiten Abschlußfries umsäumt ist. Den mittleren Teil bekrönt ein hoher ellipsenförmiger Aufsatz mit einer reich verzierten Vase, umrahmt durch ein herabhängendes Blattgewinde. Zwei in verschiedenen Größen an den Gebäudeenden ausgeführte Risalite gliedern sich der Mittelpartie an. Das linksseitige Risalit hat drei Fensterachsen, darüber einen hohen Fries, durch das Gurtgesims abgeschlossen und durch Konsolen in Füllungen geteilt. Die gesamte Partie wird von einem großen Korbbogen abgeschlossen, der mit ornamentierter Kartusche verziert und mit Guirlanden umspannt ist. Rechter Hand vom Portal zeigt das Risalit in der Mittelachse ein dreiteiliges Fenster von gleicher Anordnung, durch einen in kleineren Dimensionen gehaltenen Korbbogen umfaßt und zu beiden Seiten mit je einem Fenster flankiert. Ferner sind neben dem Portal je zwei Fenster mit Korbbogen eingefügt. Die Risalite, sowie die um das Portal gruppierten Fenster wurden durch Rustikaquaderung umrahmt, gleichfalls in rotem Farbenton als Putzbau durchgeführt und auf diese Weise die untere Partie des Gebäudes zu einem harmonischen Ganzen vereinigend.

Hochparterre, erstes und zweites Geschoß wurden durch aufstrebende Lisenen zusammengefaßt und mit Korbbögen abgeschlossen. Lisenen, sowie Eckfüllungen der Bögen sind mit ornamentalem Schmuck versehen und der höher geführte Teil von Terra-Nova in gelbem Sandsteinton mit Aderungen ausgeführt. Im dritten Obergeschosse wurde die Fensterteilung durch Pilaster bewirkt, die in dem mittleren Teile glatt, in den Risaliten reichere Verzierung erhielten. Ein kräftiges Hauptgesims mit weit ausladender Platte und Eierstab schließt die mittlere Partie ab. Die Risaliten erhielten höher geführte Aufbauten in Segmentform mit ellipsenartigen Fenstern, durch Masken und Blumengirlanden geschmückt. Das Risalit zur rechten Hand flankieren zwei Vasen, den Übergang zum Dache bildend. Sämtliche Fensterbrüstungen sind mit reichen Ornamenten dekoriert.

Englischer Schiefer wurde zur Deckung des Daches verwandt, welches durch den höher geführten mittleren Teil des Gebäudes und die als Mansardendächer ausgebildeten Risaliten in imposanter Weise gruppiert wurde. Dachgauben im Gebäudemittel, reich gegliedertes Gesims mit Abschlußgitter, sowie Flaggenmast beleben das Ganze.

Für Baukosten wurden 500.000 Mark aufgewendet.
Als Geschäfts- und Kontorhaus wird das „Brüggehaus“ durch seine praktische Innenteilung, sowie die in reicher Ausführung gehaltene Fassade mit vornehmen Gruppierungen in jeder Hinsicht mustergültig wirken und der Architekt Franz Bach hat hier ein gutes Werk zur weiteren Verschönerung der alten Hansestadt Hamburg geschaffen.

August Lommatzsch, Architekt